Update 03.09.2020: Die Bundesregierung hat ihr Gesetzespaket gegen „Hass im Netz“ vorgestellt. Demnach soll der Verhetzungsparagraph auf die Ebene persönlicher Unmutsäußerungen gegen Einzelpersonen, die einer geschützten Gruppe angehören, ausgeweitet werden. Soziale Netzwerke ab einem Umsatz 500.000 Euro, oder mehr als 100.000 Nutzern sollen verpflichtet werden, Meldefunktionen für „Hass im Netz“ einzurichten und zu maßregeln. Vierteljährlich sollen sie Bericht über ihre Löschpraxis erstatten. Kommen sie dem nicht nach, so drohen den Unternehmen Strafen von bis zu 10 Millionen Euro. Zeitungen, Zeitungsforen und Enzyklopädien sind von dem Gesetz ausgenommen.
Der vorgesehene Ablauf bei „Hass im Netz“:
- Inhalte werden von Nutzern gemeldet.
- „Offensichtlich“ rechtswidrige oder strafbare Inhalte müssen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.
- Sonstige rechtswidrige Inhalte sollen innerhalb von 7 Tagen gelöscht werden.
- Um „Overblocking“ zu verhindern müssen Beschwerdestellen eingerichtet werden, die den Sachverhalt im Falle einer Beschwerde erneut überprüfen.
- Für 10 Wochen müssen die Inhalte seitens der Unternehmen gespeichert werden und zu „Beweiszwecken, einschließlich zu Zwecken der Strafverfolgung“ herausgegeben werden.
Juristen und NGOs kritisieren, dass durch das Gesetz privaten Unternehmen die Funktion einer staatlichen Exekutive zukommt.
Die neue österreichische Bundesregierung aus ÖVP und Grünen plant ein neues Gesetz zur Zensur des Internets. Dabei nimmt man sich offenbar ausgerechnet das international massiv kritisierte, deutsche „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG), das gegen internationale Rechtsstandards verstößt und Menschenrechte mit Füßen tritt, zum Vorbild. Dieser dreiste Angriff auf die Redefreiheit muss unbedingt abgewendet werden!
Wie verschiedene Medien übereinstimmend berichten, hat der Medienbeauftragte von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gerald Fleischmann, bereits Gespräche mit dem deutschen Justizstaatssekretär Gerd Billen geführt und das deutsche NetzDG als „Vorbild“ für das geplante Zensurgesetz bezeichnet. Das Gesetz wurde 2017 in Deutschland von Justizminister Heiko Maas (SPD) eingeführt. Zahlreiche Journalisten-Organisationen, Medien und NGOs wie „Reporter ohne Grenzen“ kritisieren das Gesetz als Angriff auf die Pressefreiheit. Der UN-Sonderbeauftragte für Meinungsfreiheit, David Kaye, nennt das NetzDG sogar völkerrechtswidrig, da es internationale Menschenrechtserklärungen verletzt.
Das Gesetz ist deshalb so problematisch, weil es Online-Plattformen verpflichtet, Informationen aufgrund vager und mehrdeutiger Kriterien, wie dem Begriff „Hassrede“ und ohne gerichtlichem Entscheid zu löschen. Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II), dem auch Österreich beigetreten ist, garantiert aber das Recht auf freien Zugang zu Informationen und das Teilen von Informationen. Die Einschränkung dieser Rechte auf Basis vage definierter Begriffe wie „Beleidigung“ oder „Diffamierung“ ist damit nicht zu vereinbaren, wie David Kaye schon beim deutschen NetzDG feststellte.
Noch dazu soll die Entscheidung, welche Äußerungen unter diese, schon unter Juristen umstrittenen Begriffe fallen, die bislang bei den österreichischen Gerichten lag, nun in die Hände privater Unternehmen wie Facebook, Twitter oder YouTube gelegt werden. Nach den Plänen von ÖVP und Grünen sollen diese Plattformen unter Androhung hoher Geldstrafen gezwungen werden, rein auf Verdacht hin solche Inhalte zu löschen. Das heißt, wenn eine juristisch unbedarfte Hilfskraft bei Facebook den Verdacht hat, dass es sich bei einem Kommentar beispielsweise um „Verhetzung“ handeln könnte, dann wird sie diesen immer sofort löschen, um einer Strafe zu entgehen. Hatte der Betroffene bislang die Möglichkeit, sich im Rahmen eines fairen Prozesses gegen so einen Vorwurf zu verteidigen, so würde er dieser rechtsstaatlichen Möglichkeit durch das neue Gesetz zukünftig beraubt. Und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) spricht sogar schon davon, nicht nur die betreffenden Posts löschen zu wollen, sondern gleich die kompletten Accounts.
Das geplante Zensurgesetz der Bundesregierung verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen demokratische Mindeststandards. Das Menschenrecht auf freie Rede ist Grundvoraussetzung, um überhaupt von einer Demokratie sprechen zu können. Zudem muss jedem Beschuldigten in einem Rechtsstaat das Recht auf einen fairen Prozess zustehen. Beide Grundsätze würden durch das neue Gesetz schwerwiegend verletzt. Wir fordern deshalb mit anbei stehender Petition Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf, das Vorhaben fallen zu lassen und nicht den verhängnisvollen Fehler zu begehen, Deutschland auf seinem undemokratischen Weg der Zensur und Unterdrückung bestimmter Meinungen nachzufolgen. Bitte unterzeichnen auch Sie diese wichtige Forderung zur Verteidigung der österreichischen Demokratie und des österreichischen Rechtsstaats!
Vielen Dank!
Petition an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP):
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Kurz,
Ihre Regierung plant, ein Gesetz in Anlehnung an das deutsche „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ (NetzDG) zu erlassen. Ihr Medienbeauftragter, Gerald Fleischmann, hat diesbezüglich bereits Gespräche mit dem deutschen Justizstaatssekretär Gerd Billen geführt und das deutsche NetzDG als „Vorbild“ bezeichnet. Wir möchten Sie aber eindringlich davor warnen, Deutschland auf seinem gefährlichen und undemokratischen Weg der Zensur und Unterdrückung bestimmter Meinungen nachzufolgen.
Wie der UN-Sonderbeauftragte für Meinungsfreiheit, David Kaye, festgestellt hat, verletzt das deutschen NetzDG internationale Menschenrechtserklärungen. Insbesondere garantiert Artikel 19 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II), dem auch Österreich beigetreten ist, das Recht auf freien Zugang zu Informationen und das Teilen von Informationen. Die Einschränkung dieser Rechte auf Basis vage definierter Begriffe wie „Beleidigung“, „Diffamierung“ oder „Hassrede“ ist damit nicht zu vereinbaren.
Zudem wäre es ein schwerwiegender Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip, wenn dann auch noch private Plattformanbieter, rein auf Verdacht hin, darüber urteilen sollen, welche Äußerungen unter diese, schon unter Juristen umstrittenen Begriffe fallen, anstatt dem Beschuldigten die Möglichkeit einzuräumen, sich in einem fairen Prozess vor Gericht zu verteidigen.
Herr Bundeskanzler Kurz, Deutschland ist kein Vorbild! Deutschland hat mit dem NetzDG zwei zentrale demokratische Prinzipien über Bord geworfen: das Recht auf freie Rede und das Rechtsstaatsprinzip. Wir appellieren an Sie, folgen Sie diesem Beispiel nicht und lassen Sie Ihre Pläne, das NetzDG nachzuahmen, fallen!
Die 6483 Unterzeichner
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